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So stärken Sie mit Retrospektiven den Zusammenhalt in Ihrem Team
Bewusste Gestaltung von Retrospektiven statt 08/15-Anwendung
Wenn Sie bereits mit Retrospektiven arbeiten, wissen Sie: Teams müssen in Retrospektiven einen geschützten Raum erleben, in dem sie gerne und schnell die Themen auf den Tisch bringen, die sie bewegen. Nur so wird die Bindung und schließlich auch die Team Performance nachhaltig gestärkt.
Doch die Realität sieht oft anders aus. Scrum Master und Moderatoren nudeln häufig nur ihre Formate ab, ohne dass sich die Möglichkeiten einer Retrospektive wirklich entfalten können.
Warum informelle Klärungen "unterwegs" wichtig waren und es nun Ersatz braucht
All dies ist durch die Corona-Pandemie-Krise noch viel deutlicher geworden. Denn viele Teams haben an Bindung und Vertrauen zueinander verloren, weil die informellen Klärungen in der digitalen Arbeitsweise weniger sind. Man läuft sich einfach weniger über den Weg und hat weniger Gelegenheit etwas anzusprechen, das einem auf der Seele liegt. Und die digitalen Formate verstärken diese Effekte, da Gestik und Mimik der anderen Gesprächsteilnehmer nicht so deutlich erkennbar sind - falls manchmal nicht ohnehin das Videobild fehlt. Zudem entsteht weniger Gruppendynamik, die für Klärungen hilfreich ist.
Diese Themenstellungen werden sich in den meisten Organisationen nicht "von alleine" lösen, da sich nach der Krise eine dauerhaft veränderte Arbeitswelt abzeichnet. Viele Teams werden in einen hybriden Arbeitsmodus gehen, die gemeinsame Zeit vor Ort bleibt also wenig oder dauerhaft nahe Null.
Als Organisations- oder Teamentwickler und Führungskräfte sind wir also aufgefordert, hierfür Hilfsmittel anzubieten, die sich dauerhaft und mit überschaubarem Aufwand in den Teamprozess integrieren lassen. Retrospektive
n sind ein solches Mittel. Sie funktionieren sowohl in Präsenz als auch digital sehr gut - wenn sie gut vorbereitet, moderiert und begleitet sind.
Retrospektiven zum wirksamen Werkzeug für Team Zusammenhalt machen
Wie macht man Retrospektiven also wirksam für die Teamentwicklung? Indem man sie regelmäßig macht, für eine Balance aus Spannung und Vertrauen sorgt - und auf die Bedürfnisse entsprechend der kulturellen Reife des Teams eingeht.
1) Regelmäßigkeit und Aufbau
"Es gibt nichts Gutes, es sei dann, man tut es." - eine Volksweisheit, und für vertrauensbasierte Arbeitsformate gilt sie im Besonderen. Retrospektiven sollten ca. monatlich erfolgen, quartalsweise ist jedenfalls zu selten. Teilnehmer sind grundsätzlich die Teammitglieder, ein (erfahrener) Moderator und weitere Teilnehmer, die anlassbezogen hinzugeladen werden. Die übliche Dauer beträgt 90 bis 120 Minuten. Und es gibt eine Reihe erprobter Leitfragen für Retrospektiven, beispielsweise:
- was lief gut in der letzten Zeit?
- was lief nicht so gut in der letzten Zeit?
- wenn wir nur eine Sache im Team verbessern könnten, was wäre das?
Die Teilnehmer der Retrospektive notieren ihre Gedanken zu diesen Fragen dann auf Metaplankarten (oder deren elektronische Pendant; sehr gut gelöst z.B. bei scrumlr.io). Danach werden die Karten reihum vorgestellt, bewertet - und man entwickelt und vereinbart Maßnahmen.
2) Spielregeln und Offenheit
So einfach? Nein. Diese Formate allein sind zwar notwendig, reichen aber für eine wirksame Retrospektive nicht aus - und die wollen wir ja eigentlich immer in den Teams haben. Weitere "Zutaten" sind wichtig. Diese sind z.B.
- Spielregeln für die Retrospektive und den Umgang mit den Ergebnissen (Vertraulichkeit, Ernsthaftigkeit, Commitment)
- Spielregeln für die Retrospektive selbst, z.B. aktives Zuhören (Wertschätzung Fairness)
- Sicherung von Teilnahme bzw. der Vertretung aller Perspektiven - nicht immer können alle dabei sein, aber virtuell müssen alle am Tisch sein
- Förderung der Offenheit - im Laufe der Zeit muss es möglich sein, dass wirklich alles angesprochen wird
Offenheit setzt das Einhalten der Spielregeln voraus - niemandem darf etwas passieren, wenn er problematische Dinge spricht. Mit strukturierten Vorbereitungs-Interviews oder auch anonymen Abfrage-Formaten lässt sich dies noch weiter unterstützen, gerade in der Startphase von Retrospektiven für ein Team oder eine Abteilung. Dies geht mit den jetzt zunehmend eingeführten digitalen Mitteln sogar noch ein Stück leichter als "klassisch analog".
3) Unternehmens- und Teamkultur verstehen
Mindestens so wichtig ist auch zu verstehen, wie die Kultur einer Organisation oder eines Teams ist, was darin möglich ist und was die Umwelt zulassen wird. Sonst scheitern der Einsatz von Formaten oder die Umsetzung von Maßnahmen am Widerstand der Organisation. So können zu sehr auf Bekenntnis von Gefühlen und persönliche Betroffenheit angelegt Retrospektiven-Aufgaben ein eher sachlich-nüchternes Team komplett überfordern.
Die Kultur lässt sich mit erprobten Verfahren aus der Organisations- und Teamentwicklung abfragen. Wir nutzen dafür Online-Tools aus der Organisations- und Kulturentwicklung. Diese verbinden folgende Perspektiven:
- die Organisationsreife (Reifegrade aus dem Modell von Prof. Graves)
- Vertrauens-Status und Bindung im Team
- Individuelle Zukunftserwartungen und Stressindikatoren
Deren Einsatz ermöglicht grundsätzlich die Verbesserung der Organisations- und Teamentwicklung in der virtuellen bzw. hybriden Zusammenarbeit. Und natürlich die Durchführung und Etablierung wirkungsvoller Retrospektiven im Besonderen.
FAZIT
Retrospektiven sind das Mittel der Wahl, wenn es um Zusammenhalt und Entwicklung von Teams geht. Allerdings braucht es mehr als ein blutleeres Meetingformat, um sie wirklich wirksam zu gestalten: Eine Regelmäßigkeit in Termin und Aufbau, gewisse Spielregeln und Offenheit sowie den Kontext der Unternehmens- und Teamkultur miteinzubeziehen, sind dafür wesentliche Bausteine.